Grundprinzipien und Einsatz des Flipped Classrooms

A) Kurzer Überblick

Bergmann und Sams, zwei Lehrer einer High-School in Colorado, machten den Flipped Classroom populär. Es entstand die Idee, die schwierigere Phase, den Transfer des Erlernten, in den Unterricht zu verlagern, sodass die Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler bei Problemen direkt unterstützen können. Das Prinzip des Flipped Classrooms ist einfach: Die Aneignung eines neuen Themas, zum Beispiel eine neue Grammatikeinheit im Englischunterricht, geschieht nicht mehr durch Frontalunterricht in der Schule, sondern wird den Schülerinnen und Schülern durch Erklärvideos, Screencasts oder anderen Vermittlungsmedien zu Hause zur Verfügung gestellt. Transfer- und Vertiefungsaufgaben, die normalerweise als Hausaufgabe aufgegeben werden, passieren durch den Flipped Classroom jetzt im Unterricht.

B) Taxonomie der Lernziele nach Bloom

Benjamin Bloom formulierte verschiedene Lernziele in unterschiedlichen Bereichen. Neben dem affektiven und manipulativen/motorischen Bereich ist das kognitive Lernziel das am häufigsten genannte. Generell beschreiben die unterschiedlichen Stufen, was genau die Schülerinnen und Schüler können sollen. Die einfacheren und überschaubareren Ziele finden sich weiter unten, während die schwierigeren und komplexeren Ziele weiter oben angesiedelt sind.
Wie Sie anhand der Kachel sehen, stellt die Methode Flipped Classroom auch Blooms Pyramide der Taxonomie “auf den Kopf”. In der Klasse bleibt somit vermehrt Zeit für höhere kognitive Lernziele.

Traditionelle Methode

Flipped Classroom

Hier steht das Abrufen von relevantem Wissen aus dem Langzeitgedächtnis im Vordergrund sowie die Fähigkeit, das Wissen im Langzeitgedächtnis lokalisieren zu können.

Die Lernenden können die Bedeutung aus den Anweisungen der Lehrkraft konstruieren und darüber mündlich, schriftlich oder grafisch kommunizieren. Wichtig sind Kompetenzen wie interpretieren, veranschaulichen und vergleichen.

Die Schülerinnen und Schüler können in einer bestimmten Situation ein erlerntes Verfahren durchführen oder anwenden. Die Lernenden wenden ein Verfahren auf eine vertraute Aufgabe an und nutzen ein Verfahren in unbekanntem Kontext.

Die Lernenden sollen die Kompetenz erwerben, Ideen und Inhalte zerlegen zu können und so deren Beziehungen und Verbindungen untereinander sowie zu einer Gesamtstruktur oder einem Gesamtzweck zu untersuchen.

Die Schülerinnen und Schüler sollen in der Lage sein, Situationen, Sachverhalte, Entscheidungen oder den eigenen Standpunkt anhand von Kriterien und Standards reflektieren, beurteilen sowie kritisch prüfen und ein Urteil fällen zu können.

Die Lernenden können Elemente zu einem zusammenhängenden oder funktionalen Ganzen zusammenfügen und Elemente in ein neues Muster oder eine neue Struktur umorganisieren, z.B. Hypothesen aufstellen und neue Produkte anfertigen.

C) Einsatz des Flipped Classrooms: Selbstlern- und Verarbeitungsphase

Selbstlernphase

Selbstlernphase

In der Selbstlern- oder Inputphase setzten sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Lerninhalt selbstständig zu Hause auseinander, meistens in Form von Erklärvideos. Damit sollen sich die Lerndenden alleine möglichst intensiv auseinandersetzen und auftretende Fragen notieren. Dabei muss beachtet werden, dass ein reflektiertes Auseinandersetzen mit den gegebenen Materialformen mit den Lernenden eingeübt werden sollte. Der große Vorteil von Erklärvideos ist die Möglichkeit, das Video pausieren, wiederholen oder Stellen überspringen zu können. Der Flipped Classroom kann durch die Lernvideos an die Bedürfnisse der Lernenden angepasst werden. Der Input erfolgt nicht mehr durch die Lehrkraft, sondern vorrangig durch die Medien.

Verarbeitungsphase

Verarbeitungsphase

Die Phase der Verarbeitung findet in der Schule statt. Der Input, das Verstehen der Inhalte, wurde von den Schülerinnen und Schüler zuhause erledigt, sodass die meiste Zeit der Unterrichtsstunde für Übungen und Transfer verwendet werden kann. Dadurch steht im Vergleich zum traditionellen Unterricht mehr Zeit zur Verfügung, die zur Vertiefung der Inhalte genutzt werden kann. Dabei sollte auf ein kooperatives oder problembasiertes Lernumfeld geachtet werden, zum Beispiel durch die bekannte Think-Pair-Share-Methode. Im Gegensatz zum Frontalunterricht stehen hierbei die Lernenden mit ihren Bedürfnissen im Vordergrund, die Lehrperson hat dabei eine begleitende und unterstützende Rolle inne.

D) Veränderte Rolle der Lehrkraft

Wie Sie schon im Abschnitt “Selbstlern- und Verarbeitungsphase” kennengelernt haben, geht der Flipped Classroom mit einer Veränderung der Lehrerrolle einher. Die Lehrkraft tritt während der Unterrichtsstunde in den Hintergrund, um eigenverantwortliches Lernen der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen. 
Die wichtigsten Aspekte hierfür sind: