Erziehung und Ausbildung
- Namibische Erzieherinnen → Kinder sollten den Kontakt zu ihrer Kultur nicht verlieren (sprachen Stammessprache Oshivambo, sangen namibische Kampf- und Volkslieder, erzählten Geschichten aus der Heimat und brachten ihnen traditionelle Tänze bei)
- Deutsche Erzieherinnen → sollten die deutsche Sprache vermitteln, die Kinder mit den deutschen Gewohnheiten und Bräuchen vertraut machen und auf die Schule vorbereiten: „Wenn du in Deutschland bist, musst du auch Deutsch lernen.“
- Leitung und etwa ein Drittel der deutschen Erzieherinnen waren Mitglied der SED
- Kinder sollten mit ihrer Heimat verbunden bleiben und zu Kämpfern der SWAPO heranwachsen
- Regelmäßiger Besuch von SWAPO-Soldaten: „Wir hingen an den Lippen der in grünbraune Armeeuniformen gekleideten Männern, wenn die von ruhmreichen Kämpfen erzählten.“ „Diese mutigen Männer waren unsere Vorbilder.“
- Kinder mussten auch marschieren lernen und militärische Übungen absolvieren: „Was atmete ich auf, als Teacher Jonas endlich brüllte: ‚All dismissed!‘ Aus uns Soldaten wurden wieder Kinder, die spielen gingen.“
- Wie DDR-Kinder auch zu Disziplin, Ordnung, Sauberkeit und den Vorstellungen einer sozialistischen Moral erzogen werden
- Gruß: „Pioniere, als die zukünftigen treuen Verteidiger der namibischen Revolution – seid bereit: immer bereit!“
- Ab 1981: regelmäßiger Schulbesuch an der regulären Polytechnischen Oberschule im Nachbarort Zehna
- Unterricht in separaten Klassen; nur deutsche Lehrer*innen
- Lehrer*innen wurden auf die Aufgabe, ausländische Kinder zu unterrichten, nicht vorbereitet: sie fuhren an internationale Schulen in Berlin und Leipzig und schauten sich an, „wie man dort mit Ausländern umgeht. Und dann ging das los“ (ehemalige Lehrerin)
- Kinder wurden nach dem DDR-Lehrplan mit einigen landeskundlichen Abänderungen unterrichtet
- Sticheleinen zwischen deutschen und namibischen Kindern an der Schule, zum Beispiel Spruch „Neger stinken“ an der Wand → Lucia empfand das eher als komisch: „Wir waren keine Neger und fühlten uns nicht angesprochen.”
Kontakt zur DDR-Bevölkerung
- Keine Publikationen über den Aufenthalt der Kinder in Bellin → offiziell befürchteten DDR und SWAPO Angriffe durch Feinde der SWAPO: “Zu diesen Vorsichtsmaßnahmen zählte auch, dass wir niemandem sagen durften, dass wir aus Namibia kamen. Wir waren einfach nur Afrikaner.”
- Durch Abschottung kaum Möglichkeiten für beide Seiten Kontakt aufzunehmen: „Von Bellin und seinen Bewohnern […] wussten und sahen wir lange Zeit nichts. Und umgekehrt nahm auch anfangs niemand uns war.“
- Haltung der deutschen Mitarbeiter*innen gegenüber den namibischen Kindern war geprägt von Mitleid, Mitgefühl und Hilfslosigkeit
- Dorfbewohner*innen waren neugierig und suchten Kontakt, die Kinder wurden aber immer als niedliche Exoten und Fremde wahrgenommen: „Doch in dem kleinen Ort fielen wir natürlich auf. Die wenigen Menschen, die wir sahen, musterten uns neugierig.“
- Deutsche, die sich den Kindern gegenüber nicht richtig verhielten (beispielsweise beleidigten), wurden bestraft → Kinder waren gern gesehen und bekamen keine ablehnende Haltung zu spüren (sie wurden eher als bemitleidenswerte Waisenkinder und Opfer des Krieges gesehen statt Eindringling und Bedrohung des eigenen Wohlstands)
- Individuelle persönliche Kontakte zu Deutschen waren nicht erwünscht und außerhalb des Heims und der Schule nur schwer möglich: „Kontakt zu den anderen Schülern hatten wir nur in den Pausen.“
- Gerade am Anfang sprachliche Schwierigkeiten: „Ich wandte mich an eine der weißen Frauen, zupfte sie am Ärmel. Die Frau sprach mit mir. Ihr Tonfall war freundlich, aber ich verstand nichts von dem, was sie sagte.“ „So wenig wie es für ‚Schloss‘ ein Wort in Oshivambo gibt, existiert eines für ‚Schnee‘!“
- Zusammenleben von In- und Ausländern war in der DDR kein Thema → es gab viel Material zum Einsatz in Kindergarten und Schule, aber das galt aus DDR-Sicht nur für den Westen und wurde deswegen nie genutzt
⇒ Integration war nie vorgesehen