Unterrichtsbaustein
Sinnfluencer:innen – digital und nachhaltig?
Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts
Alexandra Lamberty
Zusammenfassung
Kurzinfos
Unterrichtsfach, -fächer
Schulart(en)
Klassenstufe(n)
Sozialform
Lernphase
Differenzierung nach…
Zeitbedarf
Unterrichtsbaustein
Sinnfluencer:innen – digital und nachhaltig?
Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts
Zusammenfassung
Dokumentübersicht
- Didaktisch-Methodischer-Kommentar
- Unterrichtsvorschlag
- Materialien
- Referenzen
Kurzinfos
Unterrichtsfach, -fächer
Schulart(en)
Klassenstufe(n)
Sozialform
Lernphase
Differenzierung nach…
Zeitbedarf
Dokumentübersicht
Didaktisch-Methodischer-Kommentar | Unterrichtsvorschlag | Materialien | Referenzen
Didaktisch-Methodischer Kommentar
Potenziale dieses Unterrichtsbausteins:
Die meisten Kinder und Jugendlichen haben heutzutage Zugang zu Smartphones, Tablets und Internet (vgl. JIM-Studie 2021, S. 9). Besonders die Nutzung von sozialen Netzwerken wie YouTube, Instagram oder TikTok ist bei den Heranwachsenden beliebt, um mit Freund:innen in Kontakt zu bleiben oder um durch die Inhalte unterhalten zu werden. Dabei bewegen sie sich in der Regel innerhalb ihrer eigenen Filterblase, denn die vorrangig angezeigten Videos oder Posts werden anhand ihrer bisherigen Nutzungsweisen und Interessen von Algorithmen gesteuert. Oftmals bleibt es auch beim bloßen Rezipieren der digital repräsentierten Inhalte, die durch eine Person verkörpert und mitunter durch emotionales Storytelling dargeboten werden.
Hier setzt dieser Unterrichtsbaustein an: Die sozialen Netzwerke bieten Plattformen für die Präsentation der unterschiedlichsten Lebensstile, auf die man jedoch meist erst durch eine konkrete Suchanfrage oder entsprechende Hashtags stößt. Im unterrichtlichen Kontext lassen sich (religions-)pädagogisch bzw. ethisch relevante Themen wie zum Beispiel Nachhaltigkeit bzw. Schöpfungsverantwortung durch die Vorstellung von Sinnfluencer:innen einbringen. Im Gegensatz zu rechtlichen Vorgaben oder theoretischen Empfehlungen für ein nachhaltigeres Leben, die wenig motivierend erscheinen, zeigen sie in ihren Beiträgen engagiert verschiedene praktische Möglichkeiten auf, wie jede:r mit kleinen Veränderungen den eigenen Alltag nachhaltiger gestalten kann, und wollen ihre Follower:innen dahingehend inspirieren.
Einen ähnlichen Grundgedanken findet man auch im fächerübergreifenden Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), welches darauf ausgerichtet ist, dass Schüler:innen „sich Wissen über Umwelt- und Entwicklungsprobleme, deren komplexe Ursachen sowie Auswirkungen an[eignen] und (…) mit Normen und Werten auseinander[setzen], um ihre Umwelt wie auch die vernetzte Welt (…) kreativ mitgestalten zu können“ (https://www.lehrplanplus.bayern.de/uebergreifende-ziele). Da das BNE-Konzept ein hohes Maß an Normativität aufweist, muss bei der Durchführung dieses Unterrichtsbausteins darauf geachtet werden, dass die individuelle Auseinandersetzung der Schüler:innen mit Sinnfluencer:innen auf ein Mündigwerden des Subjekts ausgerichtet sein soll und nicht instrumentalisiert werden darf. Dies erfordert gegebenenfalls eine gewisse Ambiguitätstoleranz seitens der Lehrkraft, denn es wird nicht angestrebt, dass Verhaltensweisen oder Wertorientierungen von den Heranwachsenden unhinterfragt akzeptiert oder gar übernommen werden, sondern es sollen (ethische) Dilemmata bzw. Entscheidungssituationen anhand von unterschiedlichen Handlungsoptionen und Argumenten diskutiert sowie reflektiert werden, sodass sich die Schüler:innen begründet dazu positionieren können.
Dies ist gerade im Zusammenhang mit der Entwicklung von medienkompetentem Handeln bedeutsam, denn auch im Bereich Nachhaltigkeit ist nicht alles ökologisch wertvoll, was mit einem grünen Anstrich dargeboten wird: Kann das Verschicken von geretteten Lebensmitteln durch die Rübenretter klimaneutral sein? Wie ist der auf nachhaltige Mode bedachte Blog von Marie Nasemann vereinbar mit ihrer Tätigkeit als Model, bei der sie mitunter Fast Fashion präsentieren soll, die teils unter menschenunwürdigen Bedingungen herstellt wird?Ist das Umherreisen von zweidiereisen mit einem alten Campingbus wirklich nachhaltig?
Zielkompetenzen:
Die Schüler:innen …
- lernen eine:n Sinnfluencer:in exemplarisch kennen, welche:r sich für eine nachhaltigere Lebensweise durch Beiträge in sozialen Netzwerken einsetzt.
- erläutern, auf welche Art und Weise sich diese:r Sinnfluencer:in in einem konkreten Bereich (z.B. Reisen, Ernährung, Mode) für Nachhaltigkeit engagiert.
- hinterfragen die dargestellten Inhalte (ggf. auch anhand selbst recherchierter Informationen), inwieweit diese authentisch und glaubwürdig sind.
- diskutieren verschiedene Handlungsoptionen aus diesem Bereich eines auf Nachhaltigkeit bedachten Lebensstils – auch aus einer christlichen Schöpfungsverantwortung heraus – für den eigenen Alltag.
Exemplarische Bezüge zum LehrplanPLUS im Fach Katholische Religion (Bayern):
Grundschule: KR 3/4 Lernbereich 2: Die Größe und Vielfalt der Welt – Schöpfung Gottes
Die Schüler:innen „beschreiben, wie Menschen aus ihrer christlichen Überzeugung heraus für die Bewahrung der Schöpfung und den Erhalt von Frieden und Gerechtigkeit eintreten, und übernehmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung.“
Mittelschule: KR 8 Lernbereich 3: Schöpfung – Geschenk und Verantwortung
Die Schüler:innen „erkennen anhand aktueller Beispiele das Phänomen der Umweltzerstörung durch den Menschen, erläutern die Notwendigkeit, Verantwortung für die Schöpfung zu übernehmen, und setzen sich mit einzelnen Aspekten der Schöpfung kreativ auseinander.“
Realschule: KR 9 Lernbereich 2: Warum es uns gibt – Antworten des Schöpfungsglaubens
Die Schüler:innen „zeigen auf dem Hintergrund der Gottebenbildlichkeit des Menschen die Bedeutung des biblischen Auftrags auf, die Schöpfung zu kultivieren und zu bewahren, und stellen dar, wie Menschen und insbesondere sie selbst Verantwortung für die Mitwelt übernehmen können.“
Realschule: KR 10 Lernbereich 1: Grenzen erkennen – auf der Suche nach dem rechten Maß
Die Schüler:innen „erläutern anhand sozialethischer Problemfelder die Bedeutung sinnvoller Grenzen menschlichen Handelns als Voraussetzung für die Achtung der Menschenwürde und der Schöpfung.“
Gymnasium: KR 8 Lernbereich 1: Was ist der Mensch? Die Frage nach der Stellung des Menschen in der Schöpfung
Die Schüler:innen „zeigen Wege auf, wie die Schöpfungspartnerschaft zwischen Gott und Mensch in ihrem eigenen Umfeld realisiert werden kann.“
Gymnasium: KR 10 Lernbereich 4: Auf der Suche nach Orientierung und Glück: Grundlinien christlich verantworteter Lebensentwürfe
Die Schüler:innen „setzen sich kritisch vor dem Hintergrund biblisch-christlicher Sinn- und Weltentwürfe mit der Tragfähigkeit verschiedener Sinnkonzepte auseinander und entwerfen eigene Maximen für gelingendes Leben.“
Medieneinsatz:
Für die Portraits der Sinnfluencer:innen wurde aus folgenden Gründen die Textform gewählt: Bei den auf sozialen Netzwerken veröffentlichten Fotos und Videos handelt es sich um urheberrechtlich geschützte Werke, die in diesem Zusammenhang lediglich verlinkt werden können. Daneben wendet sich der Unterrichtsbaustein an alle Lehrkräfte, die allerdings über recht unterschiedliche technische Voraussetzungen an den Schulen verfügen. Daher ist es sowohl möglich, die Texte über die Sinnfluencer:innen analog als Arbeitsblatt zu verwenden oder diese online über Computer bzw. Tablets abzurufen und zu bearbeiten. Ebenso können weitere Recherchen in Bezug auf die vorgeschlagenen didaktischen Impulse anhand der angegebenen Links mit Tablets oder den eigenen Smartphones durchgeführt werden.
Unterrichtsvorschlag
Hinweis: Bei dem folgenden Unterrichtsvorschlag handelt es sich um ein formales Muster, das auf konkrete Sinnfluencer:innen anwendbar ist.
Der Einstieg in diesen Unterrichtsbaustein kann individuell gestaltet werden. Denkbar ist hier beispielsweise das Anknüpfen an die vorangegangene Stunde in der Unterrichtssequenz, die Berechnung der eigenen Klimabilanz mithilfe eines CO2-Rechners oder ein erster Einblick in ein YouTube-Video der Sinnfluencer:innen.
Phase 1:
Die Schüler:innen lernen eine:n Sinnfluencer:in anhand des Textes (analog oder digital) kennen. Sie erfassen das Anliegen mit Bezug zum Thema Nachhaltigkeit und äußern eigene Gedanken und Ideen dazu (siehe M2).
Diese Phase kann sowohl als Unterrichtsgespräch sowie auch in Partnerarbeit oder Kleingruppen durchgeführt werden.
Phase 2:
Die Schüler:innen setzen sich genauer mit Aussagen oder Standpunkten dieser Persönlichkeit auseinander, aber auch grundsätzlich mit dem Thema, zu welchem diese:r Sinnfluencer:in in den sozialen Netzwerken aktiv ist (z.B. Lebensmittelverschwendung, Fair Fashion, nachhaltige Mobilität). Angeleitet durch die didaktischen Impulse (siehe M2), die entsprechend der Lerngruppe hinsichtlich des Umfangs und des Anforderungsniveaus angepasst werden können, hinterfragen die Schüler:innen die als nachhaltig dargestellten Inhalte und stellen weitergehende Überlegungen dazu an.
Für diese Unterrichtsphase bietet sich die Arbeit in Kleingruppen an. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit können analog auf Plakaten oder digital als PowerPoint- bzw. Keynote-Folie festgehalten und anschließend präsentiert werden. Die Erkenntnisse der Schüler:innen können im Unterrichtsgespräch reflektiert und diskutiert werden
Phase 3:
Die Schüler:innen stellen Bezüge zur biblischen Schöpfungserzählung bzw. zu Aussagen aus der Enzyklika „Laudato sí“ von Papst Franziskus her. Sie stellen Überlegungen an, wie man auch aus der christlichen Schöpfungsverantwortung heraus einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung leisten kann. Außerdem werden die Heranwachsenden angeregt, verschiedene Handlungsoptionen für einen nachhaltigeren Alltag im persönlichen Umfeld zu recherchieren oder umzusetzen. Über diese Möglichkeiten sollen sich die Schüler:innen abschließend austauschen.
Diese Unterrichtsphase kann als Partner- oder Gruppenarbeit gestaltet und mit einem reflektierenden Unterrichtsgespräch abgeschlossen werden.
Hinweise:
Sollte dieser Unterrichtsbaustein nicht im Fach Religion durchgeführt werden, so kann die Aufgabe mit Bezug zur biblischen Schöpfungserzählung oder der Enzyklika „Laudato sí“ gegebenenfalls weggelassen werden.
Die konkret handlungsorientierte Aufgabe am Schluss sollte entsprechend der Möglichkeiten an der jeweiligen Schule angepasst werden.
Materialien
Referenzen & Bezüge
- Mendl, Hans (2015): Modelle – Vorbilder – Leitfiguren. Lernen an außergewöhnlichen Biografien (Religionspädagogik innovativ, Bd. 8), Stuttgart: Kohlhammer.
- Mendl, Hans/Sitzberger, Rudolf/Lamberty, Alexandra (2020): Identitätsbildung in digitalen Welten. Ein Forschungsbericht. In: Österreichisches Religionspädagogisches Forum (ÖRF), Bd. 28, Nr. 1: Religionspädagogik im digitalen Zeitalter, 143-160. DOI: 10.25364/10.28:2020.1.8; abrufbar unter https://oerf-journal.eu/index.php/oerf/article/view/155.
- Lamberty, Alexandra/Sitzberger, Rudolf (2021): “Ich würd´ es liken” – ein YouTube-Video im Blick von Jugendlichen. In: Brieden, Norbert/Mendl, Hans/Reis, Oliver/Roose, Hanna (Hg.): Religion lernen. Jahrbuch für konstruktivistische Religionsdidaktik, Bd. 12: Digitale Praktiken, LUSA-Verlag Babenhausen, 132-142.
- Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.) (2021): JIM-Studie 2021. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart; abrufbar unter https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2021/JIM-Studie_2021_barrierefrei.pdf (abgerufen am 19.07.2022).
- https://www.lehrplanplus.bayern.de/uebergreifende-ziele (abgerufen am 19.07.2022).
- https://www.lehrplanplus.bayern.de/fach/katholische-religionslehre/inhalt/fachlehrplaene (abgerufen am 19.07.2022).
ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt SKILL.de und am Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts der Universität Passau.
Dieser Unterrichtsbaustein steht unter der CC BY SA 4.0-Lizenz. Der Name des*der Autor*in soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Vorname Nachname für Universität Passau Skill.de.